Mit 137 Ausstellern und über 2.400 Besuchern hat AFCEA Bonn e.V. bei der 31. AFCEA Fachausstellung eine Rekordbeteiligung erreicht. Zum ersten Mal fand die Ausstellung am 26. und 27. April im Maritim Hotel Bonn statt. Das Motto „Innere und äußere Sicherheit 4.0 – Schlüssel zur digitalen Souveränität“ orientierte sich am Jahresthema des neutralen Anwenderforums.

Zu den Ausstellern, die innovative technische Lösungen und Konzepte vorstellten, gehörten kleine und mittelständische Betriebe ebenso wie die Großunternehmen der Branche, IT-Beratungsfirmen, Ausbildungsorganisationen, Hard- und Softwarelieferanten und Anbieter von IT-Sicherheitslösungen. Die Angebote richten sich an Bundeswehr sowie Behörden und Organisationen für Sicherheitsaufgaben (BOS) mit der dazugehörenden Industrie und Wissenschaft. Das begleitende Symposium zur Ausstellung betrachtete aus verschiedenen Perspektiven die Anforderungen an ITK-Lösungen im Zeiten von Cyber und wachsender Bedrohungen.

Motto: „Schneller werden“

Friedrich Benz, Leiter der Fachausstellung, eröffnete am Mittwoch Vormittag die Ausstellung und das begleitende Symposium. Reinhard Limbach, Bürgermeister der Bundesstadt Bonn, betonte in seinem Grußwort zur Eröffnung die Bedeutung von AFCEA als wichtige Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Industrie und Behörden dar. Oberst i.G. Armin Fleischmann, Unterabteilungsleiter Kommando CIR und Vorstand AFCEA Bonn e.V., moderierte den ersten Tag des Symposiums.

Generalleutnant Jörg Vollmer, Inspekteur des Heeres der Bundeswehr, bezeichnete in seinem Vortrag Cyber-Sicherheit und -Verteidigung als Schlüssel für Informations-, Führungs- und Wirkungsüberlegenheit bei Landoperationen“ den Cyber-Raum bewusst als „Schlachtfeld“. Denn was dort geschehe, reiche deutlich weiter, als in der öffentlichen Berichterstattung zu erfahren sei. Die Fähigkeiten des neuen Organisationsbereich Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr bezeichnete er daher für das Heer als essentiell und „mission critical“.

Gleich, welche Szenarien man sich vorstelle, gemeinsam sei allen, dass immer stärker nicht-staatliche Akteure als Einflussgrößen relevant werden. Hybride Bedrohungen, Angriffe durch erschwingliche Hochtechnologie, Desinformation, Manipulation oder Eingriffe in Waffensysteme seien denkbar. „Die Welt hat sich schneller gedreht als erwartet.“ Darum forderte Vollmer eine konsequente Digitalisierung der Streitkräfte. Zur Unterstützung des Heeres mit den neuen Cyber-Fähigkeiten forderte er, schneller zu werden. Lieferfähigkeiten und -zeiten von zehn und mehr Jahren seien „absurd“. Nur im Zusammenspiel der Fähigkeiten seien künftige Aufgaben und Schutz sicherzustellen. Man brauche auf der einen Seite „Nerds“ für den Cyber- und Informationsraum, doch die Entscheidung werde am Ende immer durch „Boots on the Ground“ – also Kampftruppen des Heeres – fallen.

Prof. Dr. Gabi Dreo-Rodosek, Lehrstuhlinhaberin für Kommunikationssysteme und Netzsicherheit an der Universität der Bundeswehr München, berichtete in ihrem Vortrag „Cyber-Cluster@UniBwM: ein Ökosystem für Forschung, Entwicklung und Innovation“ über den Stand des Aufbaus des neuen Clusters. Auch sie legte besonderen Wert auf Schnelligkeit: Autonome Systeme und intelligente, vernetzte Geräte benötigen einen besonderen Schutz. Die Gefahr bestehe, dass Smart Grids – also intelligente Stromnetze – manipuliert werden können, ebenso wie moderne Automobile oder Gesundheitssysteme. Hier müsse man Kompetenzen aufbauen, die Systeme verstehen und Lösungen schnell entwickeln. Das sei die Idee hinter dem Cyber Cluster: Forschung, Bündelung der Kompetenzen, Entwicklung von Produkten und Innovation. Dafür habe man schon jetzt die höchste Dichte an Akteuren zusammenbekommen. Der Cyber Cluster der UniBw in München sei das beste Ökosystem für Innovation.

Einblick in die Cyber-Verteidigung

Den zweiten Tag moderierte Generalmajor Dr. Ansgar Rieks, Amtschef Luftfahrtamt der Bundeswehr, und stv. Vorsitzender AFCEA Bonn e.V. Für den neuen Inspekteur des Organisationsbereichs Cyber/Informationsraum der Bundeswehr, Generalmajor Ludwig Leinhos, trug Oberst i.G. Armin Fleischmann, Unterabteilungsleiter Kommando CIR und Vorstand AFCEA Bonn e.V. In Zeiten, wo es immer einfacher wird, Angriffe aus dem Hinterhof zu fahren, müsse der neue Org-Bereich Cyber- und Informationsraum – „ein Eckpfeiler der gesamtstaatlichen Sicherheitsarchitektur“ werden – so auch der Titel von Fleischmann. Mit der steigenden Verwundbarkeit und Vernetzung – besonders bei unklaren Zuständigkeiten wie derzeit noch in vielen Ländern – könnten kleine Cyber-Armeen große Wirkung erzielen. Als Beitrag zur gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge werde der OrgBereich CIR Personal rekrutieren und die eigenen Systeme härten. Bis zu 30 Incident Response Teams sollen dafür aufgebaut und ein gemeinsames Lagezentrum mit Big Data Auswertung errichtet werden. Zu den ersten Erfolgen – genannt Quickhits – gehörten unter anderem den Aufbau des Cyber Cluster, die Umsetzung von Cyber-Hygiene-Maßnahmen sowie die Personalwerbekampagne und die Einrichtung einer Cyber-Reserve.

Mit Major Yair Reuven Attar, Head of „IR and Hunting Section“ des Israelischen Verteidigungsministerium, bot AFCEA Bonn e.V. einen Blick über den nationalen Tellerrand zu werden. „Jedes Device kann eine Waffe werden, jeder Nutzer von ITK ein Angreifer“, fasste Attar die Bedrohungslage in seinem Vortrag „Next Generation Defense“. Bereit sei man noch längst nicht: „Bis heute versuchen wir die Bedeutung und Auswirkung von IT zu verstehen.“ Es gebe immer mehr Akteure: Heute benutzen sogenannte Script Kiddies beispielsweise den Sourcecode von NSA-Leaks. Die Suche nach den richtigen Talenten, die Suche nach Ausnahmen in den Systemen, die Jagd auf Angreifer und eine bessere Zusammenarbeit seien Eckpunkte einer erfolgreichen Abwehrstrategie. Man müsse sich viel stärker auf „moving targets“ – bewegliche Ziele – einstellen. Die Mentalität Isreals als „‎Startup Nation“ und die enge Vernetzung von Firmen, ehemaligen Soldaten und den Streitkräften seien hier sehr hilfreich.

Besondere Programme für Frauen und Mädchen

Premiere feierte am ersten Tag der Fachausstellung die erste Veranstaltung für „Women in AFCEA“ des Bonner Chapters statt. In einer rund zweistündigen Führung über die Fachausstellung im Hotel Maritim informierte sich eine Gruppe von elf Frauen über neueste Produkte an ausgewählten Ständen zum Jahresthema „Innere und äußere Sicherheit 4.0 – Schlüssel zur digitalen Souveränität“. Initiatorin war Frau Katja Frintrop, Vorstandsmitglied AFCEA Bonn e. V. Dass die Gruppe von Frauen auf der Fachausstellung auffiel zeigten die Reaktionen von Fachausstellungsbesuchern. Manche waren sichtlich erstaunt über so viel „Frauenpower“. Alle Teilnehmerinnen begrüßten die Initiative zur Women in AFCEA Führung und damit verbunden dem Kennenlernen und dem Austausch untereinander. Im Rahmen des Girls‘ Day hatte AFCEA mit Unterstützung einiger Mitgliedsfirmen eine eigene Führung über die Ausstellung für Schülerinnen und Schüler organisiert, um Interesse an der IT zu wecken.

Die 32. Fachausstellung 2017 findet am 11. und 12. April 2018 im Hotel Maritim in Bonn statt.

Voller Saal: Bis zu 500 Zuhörer verfolgten jeweils die Vorträge beim begleitenden Symposium.

Über AFCEA

Der gemeinnützige Verein AFCEA Bonn e.V., eingetragen beim Amtsgericht Bonn unter „VR 5105“, ist ein neutrales Anwenderforum für Fernmeldetechnik, Computer, Elektronik und Automatisierung und fördert den Austausch zwischen Streitkräfte, Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben mit der Industrie und Wissenschaft. Der Verein ist eigenständiges Mitglied der internationalen Vereinigung AFCEA International (Armed Forces Communications and Electronics Association) mit Sitz in Fairfax, Virginia, USA.

Nähere Informationen finden Sie unter www.afcea.de

Fotos: AFCEA/S. Veres