Es gibt Dinge, die erleichtern einem das Leben ungemein. Zumeist sind es nur Kleinigkeiten, die aber ein große Auswirkung auf Effizienz und Effektivität haben. Der Arbeitsbereich – oben so, wie ihn sich IKEA vorstellt – gehört dazu. Für das Schusswaffenhandling schaut der Arbeitsbereich allerdings etwas anders aus. Darum geht es in der sechsten Folgen von „Training mit KL Strategic“:

Was ist nun dieser Bereich und warum erleichtert er Schützen das „Schießleben“?

Der Arbeitsbereich ist ein allgemein definierter Raum von ca. 60cm Durchmesser auf Kopfhöhe. Hier können Manipulationen an Schusswaffen schnell, sicher und effektiv durchgeführt werden. Dies begründet sich durch folgende Faktoren:

Sehfeld:

Die Lage des Arbeitsbereiches im direkten Sehfeld ermöglicht die Wahrnehmung des Umfeldes während der Waffenmanipulationen. Gerade im dynamischen Waffenumgang passiert es oft, dass mehrere Bewegungsabläufe unter Stress gleichzeitig ausgeführt werden müssen. Die Wahrnehmung des Umfeldes wirkt sich hierbei positiv auf die Sicherheit aus. Bewegungsrichtungen können ermittelt, Hindernisse erkannt, auf Besonderheiten reagiert und möglichen Gefahren begegnet werden.

Ein weiterer Vorteil ergibt sich in der effektiven Zeitnutzung, da Bewegungen nur unwesentlich verlangsamt werden. Dies ist vergleichbar mit der Bewegung mit offenen und geschlossenen Augen. Wenn man sieht, wo man hinläuft, bewegt man sich sicherer und schneller!

Die Wahrnehmung der Umgebung während der Ausführung anderer Tätigkeiten ist für Schützen dahingehend wichtig, dass sie beim Abarbeiten automatischer Bewegungen ( z.B. Ladetätigkeiten) bereits ein weiteres Vorgehen planen bzw. einleiten und auf weitere Ziele reagieren können.

Für Einsatzkräfte kann diese Wahrnehmung tatsächlich entscheidend sein, sie sich in einem dynamischen Szenario bewegen, welches ständige Anpassung der eigenen Handlungsweisen erfordert. Eine Unterbrechung für Waffenmanipulationen kann sich hierbei verheerend auswirken.

Sicherheit:

Die Nutzung des Arbeitsraumes fördert und erhöht die sichere Handhabung von Schusswaffen bei Manipulationen. Im Rahmen einer statistischen Erhebung von Schießunfällen bei Behörden in den Jahren 2009 bis 2015 wurde eine Reduzierung der Zahl der unbeabsichtigten Schussauslösungen bei Waffenmanipulationen um 73% festgestellt. Dies wurde u.a. auf die Nutzung und Einhaltung eines Arbeitsbereiches im Rahmen eines abgeänderten Ausbildungskonzeptes zurück geführt. Die Untersuchung nennt folgende Faktoren als ausschlaggebend für diesen Effekt:

  • Erhöhung der Aufmerksamkeit bei Waffenmanipulationen durch Nutzung des Arbeitsbereiches im Sehfeld
  • Erhöhung der allgemeinen Sicherheit durch Wahrnehmung der unmittelbaren Umgebung, insbesondere schnellere Reaktionsfähigkeit auf Störungen der Sicherheitsbereiche
  • Verbesserung der Einhaltung von Sicherheitsbereichen und Schaffung/ Erhöhung eines aktiven „Mündungsbewusstseins“

Effizienz:

Die Nutzung des Arbeitsbereiches im Sehfeld fördert die allgemeine Effizienz im Umgang mit Schusswaffen. Dies resultiert aus der Lage des Bereiches.

Der Mensch ist es gewohnt, zu sehen, was er/sie macht. Aus diesem Grund ist es nur logisch, im Rahmen der Effizienz dort zu arbeiten, wo sich unser Blick bereits befindet. Wenn wir vom Schusswaffenumgang reden, dann befindet sich der Blick auf dem Ziel und sollte auch in diesem Bereich verbleiben, um unnötige Bewegungen zu vermeiden.

Wenn wir von Effizienz reden, dann geht es immer um die Vermeidung unnötiger Bewegungen und damit verbunden mit der Optimierung von Bewegungsabläufen. Je weniger Veränderungen wir im Rahmen von Waffenmanipulationen an unserer Haltung vornehmen müssen, um so effizienter können wir arbeiten. Gleiches gilt für die bei Manipulationen notwendigen Bewegungen.

Die Lage des Arbeitsbereiches im Sehfeld begünstigt, im Zusammenspiel mit der Positionierung der Ausrüstung, die effiziente Bewegungsgestaltung durch die Nutzung „gerader Linien“. Hierauf gehe ich später noch genauer ein.

Die Nutzung natürlicher Muskelspannung und einer natürlichen Haltung fördert die Effizienz zudem deutlich.

Wie nutzt man den Arbeitsbereich nun effektiv?

Im Grunde ist die Nutzung des Arbeitsbereiches sehr simpel, da hier kaum Änderungen in der Körperhaltung notwendig sind (siehe Teil 3 – Anschlag).

Für Manipulationen an der Waffe wird diese jeweils mit einer leichten Rohrerhöhung in den Arbeitsbereich gebracht und dabei so auf die Seite gedreht, dass Bedienelemente, Magazinschacht, etc. direkt einsehbar sind.

 

Wichtig ist dabei, dass dieser Bereich nicht nach unten verschoben wird, sondern sich mit dem oberen Drittel direkt in der Sichtlinie befindet. Nur so kann eine Änderung der Gesamtkörperhaltung vermieden werden. Man kann es sich vorstellen, wie einen Medizinball, den man sich direkt vor das Gesicht hält.

Kurzwaffen werden aus dem Anschlag eingezogen und dabei eingedreht, indem man den Schussarm einknickt und mit dem Ellenbogen in Richtung Körper bringt. Je nach Körperbeschaffenheit kann der Ellenbogen auch direkt an den Körper angelegt werden. Es ist wichtig, dass das Handgelenk dabei steif gehalten wird, um die Mündung beim Einziehen und Eindrehen im Sicherheitsbereich zu belassen.

Langwaffen werden entweder direkt im Anschlag seitlich eingedreht, oder aber mit der Schulterstütze aus dem Anschlag unter den Schussarm eingeklemmt. Dadurch verbleibt die Mündung in einer sicheren Richtung und die Waffe wird in entspannter Haltung unter dem Schussarm gehalten.

Auf diese Weise werden:

  • Körperhaltung beibehalten
  • unnötige Bewegungen vermieden
  • Muskelbeanspruchung minimiert
  • kurze Wege ermöglicht
  • Bewegungsabläufe optimiert

Während die Schusshand die Bedienelemente betätigt und die Waffe unter Kontrolle hält, können die Manipulationen mit der Arbeitshand effektiv und effizient ausgeführt werden.

In Kombination mit der optimalen Positionierung der Ausrüstung und einem strukturierten Magazin-/ Munitionsmanagement kann durch die Nutzung des Arbeitsbereiches ein arbeitsökonomisches Maximum erzielt werden.

Fokussierung

Wenn bisher von Wahrnehmung und Sehfeld gesprochen wurde, so ist dies Absicht. An dieser Stelle wird nun auf die Frage eingegangen, worauf sich der Blick bei der Nutzung des Arbeitsbereiches tatsächlich fokussiert.

Die Aufmerksamkeit eines Schützen/ einer Schützin befindet sich immer dort, wo sich der aktuelle Schwerpunkt des Handelns befindet. In der Regel ist dies das Ziel, das Vorfeld oder der Bewegungsbereich.

Bei Manipulationen an Schusswaffen ändert sich der Schwerpunkt kurzzeitig auf die Waffe; die Wahrnehmung des Umfeldes bleibt allerdings weiterhin bestehen.

Während der Manipulationen wird der Fokus so kurz wie möglich auf die Handlung selber gelegt, d.h. dass Automatismen (z.B. Greifen von Magazinen, Sichern der Waffe, etc.) ohne direkte Beobachtung ablaufen können so lange, bis die Handlungen zum effizienten Ablauf, der direkten Aufmerksamkeit bedürfen (z.B. Einsetzen eines Magazin, Zuführen von Patronen, Beseitigen einer Störung).

Der Arbeitsbereich stellt also einen essentiellen Aspekt des stressresistenten, sicheren Schusswaffenhandling dar und ermöglicht ein effizientes und sicheres Arbeiten mit der Waffe, wenn die wenigen Grundlagen beachtet werden.

Stay safe

Khi Pa

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Die ersten 5 Teile der Serie kommen in den kommenden Wochen auf SPARTANAT wieder vollständig online. Bitte um Geduld, liebe Leser.