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Kaum eine Optik hat für so viel Wirbel gesorgt wie das Raytheon ELCAN Specter DR. Es war das erste Combat Sight, dass in einem Gerät sowohl 1x für den Nahbereich als auch 4x für den Distanzkampf bot. Bis dahin gab es nur Kompromisse wie ein Rotpunkt mit Magnifier, ACOGs mit Mini Rotpunkt obenauf oder reguläre Zielfernrohre in Kombination mit Rotpunkten. Wir haben uns das Gerät genauer angesehen und getestet.Zuerst einmal fällt die kompakte Bauweise auf. Gegenüber einer Rotpunkt/Magnifier Kombo oder einem regulären ZF ist das ELCAN Specter ziemlich kurz – gerade mal 155mm ist es lang und damit auch perfekt für die AR Plattform. Die weiteren Maße sind 72mm in der Breite und 72mm in der Höhe.Oft wird das hohe Gewicht des Gerätes bemängelt und tatsächlich sind nachgewogene 660 Gramm nicht gerade ein Leichtgewicht – allerdings muss man dabei auch bedenken, dass die Montage bereits integriert ist und mit in das Gesamtgewicht fällt. Damit ist das Specter nur geringfügig schwerer als eine Rotpunkt/Magnifier Kombo (bei Aimpoint Micro mit Aimpoint 3x Magnifier sind es knapp 500 Gramm) und auch Zielfernrohre mit RDS kommen nicht besser weg. Lediglich ein ACOG ist leichter, aber auch die schlechteste Variante im Nahbereich, da kein Rotpunkt vorhanden bzw. so hoch über der Laufachse, dass es schwierig zu meistern ist.Wo wir schon bei der Montage sind: Diese kommt aus dem Hause A.R.M.S. und ist fest verbaut. Das wird oft als Kritikpunkt genannt, da sich A.R.M.S. in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, auch beim ACOG gab es Beschwerden, dass die Montage nicht wiederholgenau sei. Wir konnten bei den Tests nichts dergleichen feststellen, aufgelegt geschossen und bei mehrmaligen Montieren/Demontieren ergab sich keine gravierende Änderung der Trefferlage. Montiert wird die Optik mit zwei Schnellspannern, die ordentlich Zug haben und am besten mit einem Stück Schnur oder ähnlichem gelöst werden. Die Finger bringt man nämlich nicht wirklich dahinter.Unter der Optik findet man hinten und auf der linken Seite vorne die Verstellung des Absehens. Es kann +-60 MOA verstellt werden, wobei in ½ MOA Klicks gedreht wird. Die Seitenverstellung liegt eben im Gehäuse und ist damit gegen versehentliches Verstellen geschützt. Die Höhenverstellung liegt am hinteren Ende (Schützenseite) und kann über einen kleinen Haken darüber fixiert werden, damit sich dort ebenfalls nichts verstellen kann.Das Absehen ist ein Strichplatte mit Bullet Drop Kompensator (Flugwinkelkompensator). Wird das Glas auf 100 Meter eingeschossen, ist der Punkt in der Fadenkreuzmitte das 100 Meter Ziel, danach findet man Haltepunkte für 300, 400, 500 und 600 Meter. Ab Dieser Entfernung wird ein Kreis mit angedeutetem Fadenkreuz verwendet, dass von 700-1.000 Meter genutzt werden kann. Die Haltelinien entsprechen in der Breite etwa 76cm auf der angegebenen Entfernung. Das ist die durchschnittliche Breite des Torsos eines erwachsenen Mannes und kann damit gut zum Schätzen auf den angegebenen Entfernungen verwendet werden. Der Zielpunkt ist übrigens 1,5 MOA groß auf 1x und 6 MOA auf 4x. Das von uns getestete Gerät hat ein Absehen für .223 REM/5.56, man kann aber auch ein ELCAN Specter 1x/4x in 7,62x51mm/.308 bekommen.Ebenfalls auf der linken Seite ist die Beleuchtungsregelung untergebracht. Diese ist zwar riesig, birgt aber außer der Batterie (eine fette DL 1/3N) gleich zwei Funktionen. Dreht man gegen den Uhrzeigersinn wird nur der Zielpunkt in der Mitte des Absehens beleuchtet. Hier hat man 5 Helligkeitsstufen, wobei die ersten für Nachtsicht gedacht sind. Das gleiche hat man mit dem Uhrzeigersinn, allerdings wird hier zusätzlich das gesamte Absehen beleuchtet, also Kreuz und Punkt. Die Batterielebensdauer wird mit 600 Stunden bei heller Beleuchtung und 2.000 Stunden auf mittlerer Stufe angegeben. Muss die Batterie gewechselt werden, wird der wasserdichte Deckel abgeschraubt, wobei dieser gegen Verlust mit einem Fangriemen gesichert ist.Der Objektivdurchmesser sticht uns als nächstes ins Auge: ganze 32mm misst er, das ist die gleiche Größe wie bei einem 4×32 ACOG und damit ideal bei schlechterem Licht. Außerdem hilft es die Übersicht zu behalten. Hier spielt natürlich auch das Sehfeld eine Rolle, also der Bereich, den man auf 100 Metern durch das Glas sieht. Beim Elcan sind das 6,5° – gerade mal 0,5° weniger als das ACOG 4×32.In Sachen Augenabstand ist das Elcan leider ähnlich schlecht – zumindest, wenn man mit der 4x Vergrößerung schießt. Auf 1x hat man 80mm Augenabstand, auf 4x ca. die Hälfte. Das ist auch der Grund, warum man die Optik häufig sehr weit hinten auf der Waffe und meist auch ohne Backup Iron Sight sieht.

Für den Fall der Fälle hat das ELCAN auch noch eine Notvisierung auf dem Dach. Lochkimme und Korn sind vorhanden und können bei Bedarf auch in beide Richtungen auf 45° gesetzt werden, wenn man z.B. noch ein Mini-RDS wie das Docter Huckepack nimmt.

Der eigentliche Zauber ist aber auf der linken Seite vor der Beleuchtungsverstellung zu finden: Der Umschalter zwischen 1x und 4x. Dieser ist gut zu bedienen – auch mit Handschuhen – indem man den Hebel nach unten entriegelt und dann vor oder zurückschiebt. Dabei wird im Gehäuse die Linse einfach ausgetauscht – von 1x auf 4x oder andersherum. Das kann man sehr gut im Video sehen und ist, wie schon erwähnt, ziemlich genial.Auf dem Schießstand und der AR Plattform macht das Specter DR eine gute Figur – egal ob aufgelegt im Präzisionsbereich mit 4facher Vergrößerung oder aber 1x mit Beleuchtung als Rotpunktvisier – beide Applikationen werden gut gemeistert und zeigen, dass Raytheon ein durchaus brauchbares Glas entworfen haben. Eingesetzt als Rotpunkt ist das Sichtfeld durch das Gehäuse nicht ganz so flott wie ein echtes RDS wie z.B. Aimpoint und schon gar nicht wie ein EOTech, aber auf dem modernen Schlachtfeld der heutigen Zeit wo sich die Kampfdistanzen blitzschnell von nah auf fern und zurück ändern ein unverzichtbares Gerät. Häufig sieht man das ELCAN in der 1x/4x Variante auf SOCOM M4s oder SCAR L und H.

FAZIT: Das Raytheon ELCAN Specter DR 1x/4x ist nicht mehr wegzudenken in gegenwärtigen Einsatzszenarios. Viele Militärs der Welt setzen es sowohl auf Sturmgewehren als auch Maschinengewehren oder DMRs (Designated Marksman Rifles) ein und das mit Recht. Kein Glas hat es bisher geschafft, in diesem kompakten Maß und mit diesem großem Objektiv 1x und blitzschneller Wechsel auf 4x zu bieten. Das hat allerdings auch seinen Preis: Das ELCAN Specter kostet knapp 2.800€, was natürlich nicht gerade günstig ist. Vergleicht man es mit einer Rotpunkt/Magnifier Kombi, ist das gut das doppelte, bei einem vergleichbaren ZF von 1-6x und Montage ist man allerdings auch schnell in dieser Preisklasse und hat dann ein längeres Glas und definitiv eine kleinere Linse.

UPDATE: In den Kommentaren erwähnte ein Leser, dass das Elcan kein echtes 1x bietet. Da wir im Netz dazu außer dem verlinkten Video keine näheren Informationen finden konnten, haben wir von Oberland Arms beim Hersteller direkt nachfragen lassen. Hier ist die Antwort (ZITAT):

„1x is design nominal at 1.0, a true 1.0.  However, manufacturing tolerances never produce perfect.  My guess is most DRs between 1.00 and 1.05, maybe a few higher but I am sure nothing higher than 1.10.
Parallax free at:
1x – 75m
4x – 150m“

Bedeutet also, das Elcan wird als 1x verkauft, kann aber bei der Produktion zu Abweichungen kommen, die in der Regel zwischen 1,00 und 1,05 liegen – eventuell auch ein paar bei 1,1 aber nichts darüber.

Danke an den Leser „RealePolitikmitAnspruch“ für den Hinweis.

Erhältlich ist das Specter DR 1x/4x in schwarz oder dark earth (hier im Review) für € 2.725,– bei Oberland Arms. Dabei kann man noch die Kalibrierung auf .223 oder .308 wählen. Weiterhin bekommt man dort den großen Bruder, das ELCAN Specter DR 1,5x/6x für weitere Distanzen. HIER sind alle Specter DR bei Oberland Arms zu finden. 

Wir bedanken uns recht herzlich für die Leihstellung bei Oberland Arms. Weiter so!

Ein weiteres Dankeschön geht an das Schießsportcenrum Heusenstamm, wo die Aufnahmen teilweise entstanden sind.

ELCAN im Internet: www.raytheon.com/contact/index.html?id=elcan

Oberland Arms im Internet: www.oberlandarms.com