Der sichere Hort der Bundeswehr im Irak ist das Crystal Hotel Erbil. Dort sind jene Soldaten stationiert, die den kurdischen Kämpfern beibringen, wie man mit den gelieferten deutschen Waffen umgeht und die die Kurden auch taktisch pimpen. Jack Murphy, SOFREP Herausgeber und SPARTANAT Autor, hat dem deutschen Kontingent in der Hauptstadt Kurdistans anlässlich seiner letzten Tour an die Front gegen den Islamischen Staat einen spontanen Besuch abgestattet. Und hat seinen – nicht ganz freiwilligen – Aufenthalt im im streng gesicherten Compound sehr genossen. Hier sein Bericht:

Es war meine letzte Nacht in Kurdistan, bevor ich um 4 Uhr früh meinen Flug nach Hause nehmen wollte. An diesem Morgen war der Kommandant der deutschen Koalitionskräfte in Kurdistan, Oberst Stephan Spöttel, tot in seinem Zimmer im Crytal Hotel in Erbil aufgefunden worden. Nach Kebab und ein paar Bieren mit dem ehemaligen SAS Operator Phil Campion beschloss ich, mich zum Crystal Hotel aufzumachen um zu schauen, ob ich herausfinden könnte, was geschehen war. Die Deutschen leisten eine großartige Arbeit in Kurdistan und die Waffen, die sie geliefert haben, bewirken einen deutlichen Vorteil am Schlachtfeld, wo Peschmerga die ISIS Horden immer weiter zurückschlagen. Der Tod von Oberst Spöttel war ohne Zweifel ein schwerer Verlust für die deutschen Truppen.

Nach einer Taxifahrt durch Erbil, fand ich das Crystal Hotel von Betonwällen umgeben vor. Die Deutschen nehmen ihren Schutz wichtig, das war zu sehen. Dafür haben sie das gesamte Hotel für über eine Million Dollar im Monat angemietet und so befestigt, dass es einer vorgeschobenen Operationsbasis gleicht. Als ich ein paar Bilder vom Hotel mit meinem Handy schoss, kam eine der Wachen herbei gewandert und fragte mich, wer ich denn sei. Er hatte eine schwarze Uniform an, einen Irokesenhaarschnitt und eine AKM hing von der Schulter. Er bat mich dann zu warten, bis sein Chef da sei, weil der Englisch sprechen würde.

Der Chef der Torwache erschien in einer OD grünen Uniform gekleidet und begann mich mit Fragen zu löchern, wer ich sei und warum ich Fotos von diesem Hotel machen würde.

„Wer sind Sie“, fragte ich zurück. Diese Typen wirkten eher wie ein privater Sicherheitsdienst als dass sie Polizisten wären. Wenn dem so wäre, würde ich in mein Taxi springen und mich einfach verziehen …

„Asyiash“, antwortete er. Kurdistans Geheimpolizei.

Oh Mann, nicht schon wieder. Zuletzt im November verbrachte ich acht Stunden damit, von diesen Leuten verhört zu werden. Sie waren sehr professionell, aber es war schon extrem mühsam. Während des Verhörs brachte ich einiges zur Anwednung, was ich in Friedenszeiten beim SERE Training gelernt hatte. Der Verhörende wusste genau, was ich tat. Ich brachte meinen Militärdienst in Spiel, um mir ein paar Nächte in der Einzelzelle zu ersparen. „Waren sie in ODA 5220“, fragte er mich. „Oh nein“, antwortete ich, „ich war bei 5414.“ Irgendwann wurde es ihm dann zu blöd und zwischen drei und vier Uhr in der Früh wurde ich damals entlassen.

Ich habe genug Respekt vor den kurdischen und deutschen Truppen, innerhalb des Hotels war ich um meine Sicherheit in keinster Weise besorgt.

Überflüssig zu sagen, dass ich nicht begeistert war, als der Asyiash Mann, der das Crystal Hotel bewachte, mich bat mit hinein zu kommen und dort mit seinen Chefs zu reden. Er entschuldigte sich für die Unannehmlichkeiten, aber er habe eben seinen Job zu machen. Das war fair genug gesagt. Als ich zum ersten Tor gelangte, wurde ich durchsucht. Sie haben dabei meinen Karambit übersehen, den ich in meine Tasche gesteckt hatte. Ich nahm ihn heraus und übergab ihn dem Mann von der Geheimpolizei. Ich habe genug Respekt vor den kurdischen und deutschen Truppen, innerhalb des Hotels war ich um meine Sicherheit in keinster Weise besorgt.

Kaum hatten wir den Checkpoint verlassen, ging es hinter den Betonwall und hinauf zum Hotel. Das ist Wahnsinn, dachte ich mir. Eben waren sie noch besorgt darüber, dass ich ein Terrorist sein könnte, und jetzt eskortieren sie mich durch alle ihre Sicherungen und ihre Verteidigung um mich wirklich nach innen zu bringen.

Ein paar Stufen weiter gingen wir durch eine Glastür. Ich wurde gebeten auf einem Plüschstuhl Platz zu nehmen, während ich darauf warten musste, dass die Kurden sich besprechen und beschließen was mit mir zu tun sei. Nach ein paar Minuten wurde ich wieder von einem Asyiash Vertreter, einem weiteren Kurden, der sich als der Verantwortliche für die Sicherheit des Hotels vorstellte, und einem deutschen Soldaten – in ihrem typischen Wüstentarn mit einer Pistole an der Hüfte – angesprochen. Wiederum befragten sie mich, wer ich denn sei und was ich denn wolle. Ich erzählte ihnen die Wahrheit.

„Okay“, meinte der Deutsche in Englisch mit Akzent, „wenn Sie bitte die Bilder, die Sie gemacht haben, löschen würden.“

So als ob ich um meine Freiheit feilschen müsste, löschte ich die Bilder von meinem Handy, wie ich gebeten wurden.

Der Chef der kurdischen Sicherheit fragte mich nach meinem Pass. Das Problem war, den hatte ich im Hotel gelassen.

Der Chef der kurdischen Sicherheit fragte mich nach meinem Pass. Das Problem war, den hatte ich im Hotel gelassen. Ich trage ihn nicht immer bei mir. Nun, das stellte nun ein kleines Problem dar, weil sie die Informationen aus meinem Pass wollten, bevor sie mich gehen lassen würden. Als Lösungsvorschlag fragten sie mich um Erlaubnis, mein Hotel zu kontaktieren und die Passkopie vom Check-In anzufordern. Ich stimmte zu und sie riefen das Hotel an.

Die Deutschen boten mir während der Wartezeit einen Sitzplatz im Hotel Cafe an, wo sich etwa ein Dutzend Soldaten der Bundeswehr aufhielten, Bier und Red Bull tranken und Zigaretten rauchten. Außerdem gaben sie mir einen Espresso. Verdammt, ich mag es von den Deutschen festgehalten zu werden. Während ich herumsaß und auf mein Hotel wartete, dass die dem Asyiash und der Bundeswehr meine Passinformationen senden, fand ich die ganze Situation surreal. Ich war in der Lage weitere Informationen über die deutschen Sicherheitsmaßnahmen zu sammeln, fand heraus welchem Kommando sie angehörten und eine ganze Menge mehr.

Ich würde nie etwas über die Sicherheitsmaßnahmen des Hotels oder irgendwelche andere Details erzählen, die unsere Verbündeten in Gefahr bringen könnten, aber ein böser Junge würde das. Nachdem dieser Artikel veröffentlicht wird, hoffe ich, dass die Bundeswehr darüber nachdenkt, wie sie das Festhalten von verdächtigen Leuten handhabt. Aber das Beste kommt noch. Mein Hotel hatte die Passinformationen noch nicht gesendet, die leben ja nach kurdischen Uhren, und da gibt es bei solchen Sachen keine Eile. Ich war gefangen – ein Gast der Deutschen – so lange, bis sie hatten, was sie wollten.

„Wir brauchen nur die Informationen von der Vorderseite Deines Passes“, sagte der Chef der Sicherheit. „Hast Du ein Bild davon auf Deinem Handy oder sowas?“

Ich war nicht sicher, aber ich schaute nach. Wie sich herausstellte, ja, ich hatte eines. Ich hatte das Foto vor Monaten gemacht und es komplett vergessen.

„Großartig“, sagte der Sicherheitsmann, „schicks mir per Email und Du kannst gehen.“

Um das zu tun, benötigte ich Zugang zum Hotel WLAN. Er eskortierte mich in sein Büro nebenan und gab mir das Passwort. Während ich im WLAN war, benachrichtigte ich schnell ein paar Leute, dass ich festgehalten wurde, dann mailte ich mein Handyfoto vom Pass. Während er auf die Email wartete, schaute ich mich im Büro um. An der Wand war ein Bild von einem albern aussehenden Kind. Unter dem Bild war sein Name und dazu in Großbuchstaben in roten Schrift: EXTREM GEFÄHRLICH!!!

„Hey, ist das ein ISIS Typ“, fragte ich.

„Oh, ja. Er versucht sich ISIS anzuschließen.“

Das war eine der größten Sicherheitsbedrohungen aus Sicht der Deutschen.

Festgehalten zu sein war bei weitem der beste Weg Informationen über die Deutschen zu sammeln, auch wenn es niemals meine Absicht war.

Ich bemerkte einen Bildschirm, auf dem eine offene E-Mail angezeigt wurde. In ihr stand, welche deutsche Einheit im Moment im Hotel stationiert war und wann ihr geplanter Einsatz war. Festgehalten zu sein war bei weitem der beste Weg Informationen über die Deutschen zu sammeln, auch wenn es niemals meine Absicht war. Ich wollte nur ein Bild des Hotels machen und später einen Artikel über den deutschen Offizier schreiben, der verstorben ist.

Letztendlich ging die E-Mail durch und ich wurde zur Vordertür hinauseskortiert. Auf dem Weg hielt ich an und versicherte mich, dass sie mir meinen Karambit zurück geben. Die Türwache schaute leicht enttäuscht, weil er wusste, dass er das Messer bekommen hätte, wenn ich den „Kratz-und Schnüffeltest“ nicht bestanden hätte und in irgendeinem kurdischen Kerker verschwunden wäre.

Ich winkte zum Abschied und stieg in mein Taxi. Der Fahrer machte einen U-Turn und fuhr in die Richtung, aus der wir gekommen sind, zurück zu meinem Hotel. Während wir nochmal am Crystal Hotel vorbeifuhren schoss ich noch ein paar Fotos und machte dann Feierabend.


JACK MURPHY  ist Managing Editor bei SOFREP.COM. Er hat in der 5th Special Forces Group gedient und war unter anderem im Irak und in Afghanistan im Einsatz. 2010 hat er die US Army verlassen. Er studierte an der Columbia University Politikwissenschaft. Murphy ist Autor von „Reflexive Fire“, „Target Deck“, der PROMIS Serie und hat viele Artikel über Waffen, Taktik, Special Operations, Terrorismus und Counter-Terrorismus veröffentlicht und ist Autor auf SPARTANAT.

Fotos: Bundeswehr; außer das vom Hotel, das ist von Jack Murphy