Nein, es heißt nicht SERE-B weil der Kurs in Bayern stattfindet. SERE ist die Abkürzung für „Survival, Evasion, Resistance and Escape Training“. Der Durchschlagekurs in der B-Ausführung für fortgeschrittene Überlebenswillige wird von COMBAT RECOVERY abgehalten. Ja, in Bayern. Barthel war für SPARTANAT dabei, hier sein Bericht.

Combat Recovery SERE-B_17Dienstagmorgen startete der Kurs in Ulm in einem Schießcenter. Dort wurde erst einmal monströs eröffnet: ein ganzer Schießstand indoor – für ein HS50 cal.50 BMG. Dazu gibt es nicht viel zu sagen, auf 300m schoss (ich), auch dank 3-Punkt-Auflage und guter Optik, eine 10 … aber das Feeling war HAMMER.
Im Anschluss wurde dann AR15 mit EOTech bzw. Shortdot geschossen, cal. .223, sowie ein HK 308 (HK417) .308 und ein Remington 700 „Jagdgewehr“.

Combat Recovery SERE-B_16Der Fokus wurde neben sicherem Waffenhandling eindeutig darauf gelegt, dass die Teilnehmer verschiedene Optiken und Rückstoßcharakter einmal gefühlt hat. Dann ging es mit den Vertretern der 9mm Fraktion weiter: Glock 17, Sig 226, P8, MP5 sowie letztendlich eine S&W in .45 ACP, hier bot sich ein netter Vergleich der verschiedenen Waffen an.
Wozu Schießen im SERE Kurs? Zum Einen weil es unglaublichen Spass macht, zum Andern damit man im Fall der Fälle zumindest einmal eine Idee davon hat, wie es sich anfühlt eine Waffe in der Hand zu haben und wo das böse Ende ist.

Combat Recovery SERE-B_13Abschluss am Dienstag bildete ein Vortrag über Terrorismus, sowie Terrorguppen in Afrika, das ganze SERE Training war an die Situation in Afrika angelehnt. Klar lässt sich das nicht beliebig auf die restliche Welt übertragen, aber es regt doch dazu an sich einmal Gedanken darüber zu machen welche Terrororganisationen in der Urlaubsregion z.B. aktiv sind, wie deren Ziele und Motivation aussehen, um daraus auch Überlegungen für das Verhalten im Falle einer Geiselnahme anzustellen. Danach ging es zum entspannten Teil des Abends weiter: Essen in einem afrikanischen Ambiente im Gasthaus. Im Anschluss stand dann die Rückfahrt ins Hotel an – und eine letzte Nacht im gepflegten Bett.

Combat Recovery SERE-B_1Mittwochs dann weiter mit dem Theorieteil. Dieser erstreckte sich über grob 8-9 Stunden und behandelte die Grundlagen von SERE (Survival, Evasion, Resistance, Escape) welche zu einem Großteil deckend mit den Theorieteilen des Combat Survival Kurses waren, an vielen Stellen jedoch ausführlicher und mit einigen anderen Themen (Verhalten im Falle der Aufnahme durch freundliche Kräfte z.B.) erweitert war. Das alles aufzuzählen würde hier den Rahmen sprengen, außerdem will Ronny ja auch noch weiter Kundschaft für seine Theoriestunden haben.

Combat Recovery SERE-B_12Nach einer Verschnaufpause, die Lageeinweisung: Wir sind Mitarbeiter einer NGO (Nong Governmental Organisation). Es kommt im Aufenthaltsgebiet zu terroristischen Aktivitäten. Unsere Aufgabe besteht darin eine Kontaktperson aufzusuchen, um von ihr weitere Informationen zur Extraktion zu bekommen.
Nachdem fertig gepackt war (eine zivile Version des 3 Lines Prinzip), ging es zur Planungsphase. Hier wurden eine Route sowie Auffang- und Sammelpunkte im Falle einer Trennung festgelegt. Auch wurde ein Pre-Mission-Report ausgefüllt, um eventuellen freundlichen Kräften eine bessre Beurteilung unserer Lage zu ermöglichen.
Um das ganze etwas unangenehmer zu machen, wurden wir alle in weiße Maleranzüge gesteckt, um die Situation zu simulieren, wie ein westlicher Mensch in Afrika auffällt.
Combat Recovery SERE-B_5Außer einem Zeitfenster und einem Identifizierungsverfahren zur Kontaktaufnahme waren kaum weiter Informationen vorhanden. Dank einer freundlichen Fahrschule war schnell klar, dass uns der Weg in eine Gaststube führen würde. Glücklicherweise konnten wir das Zeitfenster halten und bekamen eine verschlüsselte Liste mit Zeitfenstern und Koordinaten, die potentielle Aufnahmepunkte waren. Weiter ging es dann aus dem urbanen Raum in eine ländliche Gegend, wo wir Checkpunkt um Checkpunkt abliefen und versuchten Funkkontakt zu freundlichen Kräften zu bekommen – ohne dabei zu sehr aufzufallen bzw. komplett unentdeckt zu bleiben. Hierbei wechselte die Führung der Gruppe, es wurde mit Karte, Kompass, Geländemarken und Koordinaten gearbeitet, Orientierung bei Nacht …
Zwischen einigen gefällten Baumstämmen auf einem Feldweg war es dann so weit: Bereit machen zur Aufnahme. Diese verlief etwas rau, aber dann zügig, alle Mann auf den Pickup, Plane drüber und raus aus dem „Drecksland“ (Nein, ist nicht Bayern gemeint … Anmerkung der Redaktion).

„Terroristen“ nehmen uns gefangen. Das wird ein sehr intensives und erfahrungsreiches Kapitel „Gefangennahme und Befragung“ bei der SERE-B.

Soweit die Theorie, in der Praxis wurde unser Fahrzeug angesprengt. Panik, Adrenalin, alle runter von der Ladefläche (und weg waren die Rucksäcke). Erstmal weg, runter vom Weg, sammeln, schauen, ob alle da und unverletzt sind. Anhand Karte und Kompass und einem groben Gefühl, wo der Aufnahmepunkt war und wie der Pickup gefahren sein könnte, die Position feststellen, ein letzter Checkpoint sowie Zeitfenster waren noch offen. Ein Blick auf die Uhr: das wird verdammt knapp. Immer unter der Vorraussetzung, dass wir unsere Position richtig bestimmt hatten. Also zügig weiter. Auf halber Strecke, Scheinwerfer von hinten, keine Möglichkeit sich zu verstecken, also los, los los, vorwärts.
Combat Recovery SERE-B_14„Halt stehenbleiben, alle runter auf den Boden, ab auf den Bauch, hinlegen!“ Lampen von überall, „Terroristen“ stürmen aus dem Wald und den Weg entlang. Damit ging es dann weiter zu Gefangennahme und Verhalten bei Befragung. Was wir ja aus dem Combat Survival Kurs schon kennen. Als Zuschauer sehr interessant mit welchem Aufwand das aufgezogen wird. Für jeden Teilnehmer ist mindestens ein Feindkommando verfügbar.
Nach Befragung und „Stresspositionen“ ging es dann mit nichts als dem, was wir am Körper trugen und vor den Geiselnehmern verstecken konnten, weiter einen Unterschlupf für die Nacht suchen.
Eine kurze Bestandsaufnahme zeigte, dass wir, abgesehen von einigen EDC-Kits, die übersehen wurden, eine Rettungsdecke, 100ml Wasser und einen Keks pro Person hatten. Die Aussicht auf Besserung war für den nächsten Abend angekündigt, entsprechend ging es in die Rettungsdecke gewickelt hungrig und durstig in eine Fichtenschonung. Dank der Temperaturen und der Papieranzüge war es zumindest nicht kalt.
Am nächsten Morgen waren fast alle schon vor der Weckzeit auf, Tausammeln oder Brennesseln/Holunderbeeren/Schleen suchen…

Combat Recovery SERE-B_10Donnerstagmorgen wurde die Lage dann aufgelöst, wir hatten wieder Wasser zur Verfügung. Aber die Erfahrung, wie sich leichte Dehydration anfühlt, war definitiv lehrreich. Entsprechend wurden verschiedene Methoden zur Wassergewinnung ausprobiert, ein Loch mit Grünschnitt und einer Plane sollte Wasser am nächsten Tag spenden.

Combat Recovery SERE-B_4Dazu kamen diverse Möglichkeiten Feuer zu machen. Parabolspiegel, Linse, Feuerstahl, kombiniert mit verschiedenen Zunderarten sollten in Verbindung mit einer Feuerstrecke zum Erfolg führen.

Combat Recovery SERE-B_7Abkühlung sollte dann eine Wasserüberquerung bringen. Hierzu wurden aus Rettungsdecke und Gras ein Floß erstellt, das die Ausrüstung eines Teilnehmers quer durch einen Baggersee und zurück brachte. Ebenso stand pflanzliche Nahrung auf dem Programm. Mangels Kokuspalmen, Bananen etc. wurde hier auf die heimische Flora zurückgegriffen: Weidenspitzen, Brennesseln sowie verschiedene Gräser und Kräuter. So ging der Tag dann recht flott vorbei und es ging daran eine improvisierte Unterkunft zu bauen. Hier kamen Tarp, Poncho, Bivacksack etc. zum Einsatz.
Combat Recovery SERE-B_6Ein weiteres Highlight war dann das Abendessen. Gegrillte Forelle, die zuvor von jedem Teilnehmer unter fachkundiger Aufsicht aus einem Fass gefangen, betäubt, getötet und ausgenommen werden musste. Alles in allem ein gelungener Tag und nach dem Schlafmangel vom Vortag war jeder froh in seinen Schlafsack zu kriechen.

Combat Recovery SERE-B_8Freitagmorgen ging es dann afrikanisch weiter. Zum Frühstück gab es grüne Kokosnuss, die geöffnet, ausgetrunken und ausgekratzt wurde. Die Schalen bildeten gleichzeitig die „Teller“ für das Abendessen. In weiser Voraussicht für die nächste Nacht wurde dann in Teamarbeit eine hochgelegene Unterkunft errichtet, mit einer Liegefläche ca. 60cm über dem Boden. Im Anschluss stand Ausbildung zu Tracking/Countertracking auf dem Programm, Grundlagen im Spuren erkennen, lautlose Kommunikation, Bewegungsarten im Gelände.

Nahtlos ging es dann in der Lage weiter: eine Kontaktperson musste anhand von GPS-Koordinaten gefunden werden. Hier kam dann ein eTrex zum Einsatz, in Verbindung mit Karte und Kompass. Nach mehrfachen Hubschrauberüberflügen, die uns in Deckung zwangen, und Explosionen in der Ferne ging es geduckt weiter zum Kontaktpunkt.
Combat Recovery SERE-B_3Dort angekommen konnten wir nur noch Spuren eines Feuergefechts feststellen. Diese wurden aufgenommen, vermessen und ausgewertet. Zum Glück für uns hatte unsere Kontaktperson uns Zeichen hinterlassen. Diesen folgten wir und sie führte uns zur gewünschten Person, wo wir unsere Maße überprüfen konnten. Dann nahtlos weiter: Schreie eines verwundeten Kameraden aus einem Minenfeld. Hier galt es ein kleines Minenfeld mit mehreren Minen, Stolperfallen und Munitionsteilen zu überwinden. Es ist keinesfalls so, dass wir nun in der Lage wären mit Minen umzugehen, aber der Ausbildungsteil war definitiv ein Augenöffner, was es alles so gibt und wovon wir uns besser fernhalten.
Angekommen beim Verwundeten, wurde Erste Hilfe geleistet und ein Abtransport vorbereitet. Unter „Feindfeuer und Artilleriebeschuss“ aus dem iPhone ging es über Stock und Stein zum Abholpunkt. Über Funk wurde ein Med-Evac 9-Liner durchgeführt. Der Rest der Gruppe wurde dann, wie schon zwei Tage zuvor, diesmal von einem simulierten Fahrzeug aufgenommen. Alles in Allem ein sehr flüssiges, aufwendig gestaltet Szenario, welches uns den gesamten Mittag und Nachmittag auf Achse hielt.

Combat Recovery SERE-B_15Zur Stärkung wurde am Abend dann ein „afrikanischer“ Eintopf mit Süßkartoffeln, Cuscus, Kochbananen etc. zubereitet. Dieser wurde stilecht aus den Kokosschalen vom Frühstück gelöffelt. In geselliger Runde wurde dann ein kleiner Meinungsaustausch durchgeführt, der durchweg positiv für den Kurs ausfiel. Kein Wunder, bei dem was geboten wurde.
Nach Einbruch der Dunkelheit stand noch Hören und Sehen bei Nacht auf dem Programm. Hier wurden verschiedene Gehtechniken, Reflektionsverhalten unter IR-Bestrahlung von Kleidung mittels zweier Nachtsichtgeräte demonstriert. Des Weiteren wurde eine Signalfackel gezündet um die enorme Licht- und Hitzewirkung aufzuzeigen. Die angedachte Wache für die Nacht wurde abgesagt und so wurde noch eine weitere Nacht im Schlafsack verbracht. Samstagmorgen wurde ein wenig wehmütig das Basecamp aufgeräumt, die Rucksäcke wieder gepackt und es ging zurück in den Schulungsraum. Eine verdammt aufregende und spannende Zeit ging zu Ende.

FAZIT: Auch wenn einige Inhalte des Kurses annähernd deckungsgleich mit dem Combat Survival Kurs waren, hat das Gesamtpaket doch überzeugt. Sicher sind 990€ ein stolzer Preis, unterm Strich war es der Kurs jedoch mehr als Wert. Grade wenn man sich die Bedrohungen durch Terrorgruppen anschaut, gibt der Kurs zwar keine Garantie alles zu bewältigen, aber er erhöht definitiv die Chancen etwas und weckt ein gewisses Maß an Bewusstsein für Bedrohungslagen.

COMBAT RECOVERY im Internet: www.combatrecovery.de

Combat Recovery SERE-B_11Die Teilnehmer beim SERE-B Kurs von COMBAT RECOVERY. Gut motiviert, gut gefordert und bis Schluss gut was gelernt.