Wer kommt, um anderen etwas beizubringen, kann auch selbst einiges lernen. So gesehen gegenwärtig in der Ukraine. Im Westen des Landes bei Lemberg arbeiten US Ausbildner mit ukrainischen Soldaten – und müssen erfahren, dass diese teilweise mehr Erfahrungen mit konventioneller Kriegsführung haben, als ihr Berater aus den Staaten. Die amerikanische Militärzeitung „Stars and Stripes“ hat mit US-Soldaten über ihre Erkenntnisse aus der Ukraine gesprochen.

300 amerikanische Fallschirmjäger vom 173rd Airborne Brigade Combat Team bilden in Jaworiw ukrainische Nationalgardisten aus, die bereits mit – angeblich von den Russen unterstützen – Seperatisten im Osten des Landes gekämpft haben. Einer der amerikanischen Ausbildner, hat sich im Gespräch mit Stars and Stripes ganz offen dazu bekannt, dass die Amerikaner dabei viel Neues lernen müssen, denn nach einem Jahrzehnt „Counterinsurgency“ – also Operationen gegen Guerilla und Aufständische im Irak und in Afghanistan – haben die US-Soldaten keine Erfahrung mehr damit, einem militärisch hochprofessionellen und technologisch ebenbürtigem Gegner gegenüberzustehen. „Ich war etwa noch niemals in einer Situation, in der ich mich gegen Drohnen wehren musste“, berichtet US Army Captain Zachary Savarie dem amerikanischen Soldatenmagazin, „ich war ebenfalls noch niemals massivem und genauem indirekten Feuer ausgesetzt.“ Im Vergleich zu ihren ausbildenden US-Soldaten haben die ukrainischen Soldaten deutlich mehr Erfahrung in konventioneller Kriegsführung, die sie seit dem Ausbruch der Kämpfe in der Ostukraine gesammelt haben.

„Wir stehen russischer Technologie gegenüber“, meint ein ukrainischer Offizier und unterstellt, dass es „im Osten kein Geheimnis sei, dass die Seperatisten von den Russen unterstützt und versorgt“ würden. Jede seperatistische Streitmacht, auf die man treffe, „werde von russischen Regulären begleitet – etwas, das sie dann Freiwillige nennen“. Russland dagegen leugnet, dass es Soldaten zum Kämpfen in die Ukraine geschickt habe, es betont auch, dass man den Seperatisten keine materielle Unterstützung zukommen habe lassen. Militärexperten erkennen gleichzeitig aber ganz klassische Elemente der sowjetischen Militärdoktrin in der Anwendung, etwa die Massierung von Truppen an einem weiten Abschnitt der Front oder eben auch der Einsatz von überwältigendem, massivem Artilleriefeuer. US-Soldaten sind aktuell ganz Anderes gewohnt: Taliban und Aufständische im Irak haben so gut wie nie in größeren Verbänden angegriffen und indirekter Beschuss mag lästig gewesen sein, aber er war letztendlich keine Herausforderung.

Im Gegensatz dazu hat die Feuerkraft der Seperatisten westliche Militäranalysten sehr überrascht. Im Februar haben die Regierungstruppen eine schwere Niederlage erlitten, als sie die befestigte Stadt Debalzewe nach hartem Kampf aufgeben mussten. Massiver Artilleriebeschuss und wiederholte gepanzerte Angriffe waren die Ursache dafür, keine low-profile Taktiken.  Beim Rückzug der ukrainische Kolonne wurde diese im Hinterhalt überfallen und zerschlagen. Das hat viele Soldaten das Leben gekostet, viele weitere wurden gefangen genommen.

Ein US-General im Pentagon verspricht sich gegenüber der Presse und redet vom „russischen Trommelfeuer“ im dem die Ukrainer gelegen seien. Vermutlich natürlich nur ein Irrtum.

 

Ein anderer Ausbildner der 173. Airborne erzählt, dass er bei seinen zweimaligen „Deployments“ im Hindukusch in Afghanistan nur US-Panzerfahrzeuge gesehen habe. Das ist keine Überraschung. Es deutet allerdings auf einen wachsenden Erfahrungsmangel hin, wenn es darum geht, gegen gepanzerte Kräfte zu kämpfen. Genau den hätten seine ukrainischen Schüler aber nicht: „Ein ukrainischer Unteroffizier schilderte mir, wie er auf 15 Meter Entfernung in ein direktes Gefecht mit einem BMP Schützenpanzer verwickelt wurde, der versucht hat ihn zu beschießen. Die Ukrainer haben den auf zehn, 15 Meter Abstand mit Panzerfäusten bekämpft. Das ist etwas, von dem wir unseren eigenen Leuten beigebracht haben, dass es absolut unnötig sei auszubilden, weil sie in so eine Lage gar nicht erst kommen würden.“ Im Klartext: die eigene Feuerkraft sei eingebildet so groß, dass der Gegner gar keine Chance haben könne, so nahe heran zu kommen. Die Gefechtserfahrung aus der Ukraine zeigt anderes.

Bei ihrer zweiten Rotation in die Ukraine haben die Amerikaner ihren Lehrplan nun an die Schüler angepasst, die selbst keine Frischlinge sind, sondern teilweise erfahrene Veteranen. Mit dem neuen „Basic Training“ für die Nationalguarde gibt es nun etwa Schulungen zum Selbstschutz gegen Drohnen. Ein erweitertes Training für die ukrainische Armee könnte auch Übungen in elektronischer Kriegsführung umfassen, die sich vor allem mit russischen Störmethoden auseinandersetzen, berichtet die Agentur

Alles das hat natürlich eine größere Perspektive: Eines Tages könnten die US-Streitkräfte es mit einem Gegner zu tun haben, der ebenso die Grundsätze der sowjetischen Taktik anwendet, mein Olga Oliker, Direktorin des „Center for Russia and Eurasia“ beim US-Think-Tank RAND Corporation. Aber die Luftüberlegenheit der US Streitkräfte würde einen solchen Konflikt wohl anders aussehen lassen als den jetzigen in der Ukraine. Und das Verhältnis Russland – USA sei – wenn auch angespannt – weit davon entfernt auch nur die Möglichkeit eines bewaffneten Konfliktes zu haben. Auch eine nette Anspielung, so wie jene der Russe, die auch nichts mit dem Konflikt ind er Ukraine zu tun haben.

Ukrainische Soldaten lernen den Umgang mit westlichen Waffen.