Ob es an der ohnehin schlagzeilenarmen Zeit um die Osterfeiertage liegt, oder das zurückhaltende Frühlingswetter noch nicht umfänglich bei den Medienleuten für gute Laune sorgen konnte, aber aktuell versuchen tatsächlich eine Anzahl von sogar bundesweit aufgestellten Medienplattformen, das kontinuierlich wiederkehrende Medienloch erneut mit einer seit Jahren bereits dutzendfach wiedergekäuten Schlagzeile zu überbrücken. In regelmäßigen Intervallen wird das verbale Strohfeuer „das Sturmgewehr G36 schießt nicht treffsicher“ aufs Neue entzündet und zum Pseudo-Skandal aufgeblasen. Dabei ist der eigentliche Skandal nicht die Schlagzeile an sich, sonder die pauschale und unsachliche Verunglimpfung des Oberndorfer Unternehmens Heckler & Koch.

Es geht in der Berichterstattung kaum noch um die angeblich „mangelhafte Treffsicherheit aller 176.000 Gewehre der G36 Familie“, sondern um eine umfänglich angelegte Kampagne nach der Devise „steter Tropfen höhlt den Stein“. Die pauschalisierten Vorwürfe und reißerisch aufgemachten Schlagzeilen erwecken bei unbedarften Lesern schnell den Eindruck, dass in der deutschen Rüstungswirtschaft, entweder aus Unfähigkeit, – oder schlimmer – mit Berechnung Projekte verwässert oder verschleppt werden. Heckler & Koch hat auf diese Vorwürfe reagiert und in einer aufwendigen Versuchsreihe eine Auswahl von Waffen verschiedener Lose den beschriebenen Einsatzbedingungen unterzogen. Der von der Bundeswehr definierte EBZ (Einsatznaher Beschuss-Zyklus) sieht dabei als Test ein einsatztaktisches „worst case“-Szenario vor, bei dem der Soldat aus seinem G36 in weniger als 20 Minuten seinen gesamten Tagesvorrat von 150 Patronen verschießt. Diese Waffe war 1992 bei der Formulierung ihrer Anforderung durch die Bundeswehr jedoch gar nicht für diese damals ohnehin untypische „Kampfweise“ konzipiert. Trotzdem das Ergebnis: Alle von der Bundeswehr geforderten Anforderungs- und Leistungsparameter sind umfänglich erfüllt worden. Datei kann als pdf-Datei auf der Homepage von H&K abgerufen werden.

Fakt ist dennoch: DIE PRESSE HAT INSGESAMT RECHT!!! Das aktuell bei der Bundeswehr und vielen weiteren Armeen der NATO geführte Sturmgewehr G36 ist nicht auf dem neusten Stand des technisch Machbaren. Denn das Projekt G36 ist klar ein Kind seiner Zeit.

Diese Zeit war 1996. Als Nachfolgemodell des bewährten G3, ist das G36 auf die damals ausgegebene NATO-Doktrin des Kampfs der verbundenen Waffen im Gefecht der Machtblöcke USA und UDSSR zugeschnitten worden. Hier war eben nicht die Leistung des Einzelschützen maßgeblich, sondern die insgesamte Kampfkraft von Großverbänden.

Auslandeinsätze wie der Balkankonflikt ab 1999 IFOR/SFOR/KFOR oder ab 2002 ISAF waren zu diesem Zeitpunkt für die Soldaten der Bundeswehr nicht absehbar. Entsprechend gab es auch keine geänderten Vorgaben für die Ausrüstung- oder Bewaffnung der Infanterie, oder an die deutsche Wehrindustrie. Das G36 ist dann in den 15 Folgejahren, im Rahmen des Wehretats, schrittweise technisch an die neuen Anforderungen angeglichen worden. Diverse An- und Umbauteile, sowie neue Materialien steigerten deutlich die Funktionalität und die sichere Handhabung der Waffe. Die Qualität der optischen Visiereinrichtungen wurde so stark erhöht, dass die Ersttrefferwahrscheinlichkeit um ein vielfaches gesteigert werden konnte. So ist das in die Jahre gekommene Gesamtkonzept G36 aktuell auf seinem modernsten Stand und dabei sogar, trotz seines Alters, allen Vergleichsmodellen anderer NATO-Partner wie dem Colt M16/M4, Enfield L85, FAMAS und auch dem russischen AK 74 überlegen. Was aber gleichzeitig mit Waffensystemen geschieht, die ihre zugedachte Einsatzdauer weit überschritten haben, ist an dem mittlerer Transporthubschrauber CH – 53 G(S) und dem taktischen Transportflugzeug C-160 Transall nachzuverfolgen. Zahlreiche weitere Beispiele könnten hier folgen.

Heckler & Koch, als weltweit renommiertes Unternehmen für Infanteriewaffen, war bereits 1968 mit seinem zukunftweisenden G11-Projekt visionärer Vorreiter für modernste Waffentechnik. Dynamit Nobel fertigte damals die hülsenlose Munition. Die Bundeswehr bescheinigte 1990 dem Waffensystem nach zahlreichen Schieß- und Feldtests die Truppentauglichkeit. Selbst das US-Verteidigungsministerium und weitere Nationen hatten großes Interesse an der Einführung dieser Technologie. Eine „Eier-legende Woll-Milch-Sau“-Waffe als Konzept „Sturmgewehr der Zukunft“ wäre also technisch möglich gewesen, aber von der Politik zum damaligen Zeitpunkt dann nicht mehr gewollt. Die Finanzierung der Wiedervereinigung mit der DDR hatte höhere Priorität erhalten. Als Plan B für eine moderne Infanterie-Bewaffnung ist dann bei Heckler & Koch ein günstigeres Übergangsmodell in Auftrag gegeben worden. So wurden 1992 die Pläne des HK 50 (G36) aus der Schublade geholt.

Das aktuelle Vorgehen der Ministerin von der Leyen mit der vorschnellen Negativ-Meldung zum G36 hat verständliche Verstimmung bei H&K ausgelöst und mit Sicherheit einen massiven Vertrauensbruch zur Folge. Die Geschäftsleitung hat zu Recht bemängelt, dass gerade bei Vorwürfen dieser Art ein Höchstmaß an Sensibilität angemessen gewesen wäre, da ein unbedachtes Wort unter Umständen weitreichende Konsequenzen für das Unternehmen haben könne. Es ist unverständlicher Weise auch im Vorfeld von Seiten des BMVg kein klärendes Gespräch oder eine gemeinsame Testreihe mit dem Wehrressort zum Nachweis der Unbedenklichkeit angeregt worden.

Heckler & Koch macht in mehreren Pressemitteilungen (letzter Stand 10. April 2015) und eigenen Testreihen auf die Anforderungsdiskrepanzen aufmerksam. Nahezu alle Medienvertreter ignorierten jedoch unverständlicherweise diese aufschlussreichen Ausführungen und behalten ihre Blockade-Strategie bei.

Wenn die Vorwürfe an der Technik der Waffen also am eigentlichen Thema vorbeigehen und damit nichtig sind, bleibt die Kernfrage: „Qui bono“, also wem nutzt es? Wer profitiert letztendlich von einer so komplex angelegten Diffamierungs-Kampagne gegen das Unternehmen Heckler & Koch? Nicht die Soldaten, nicht der Technologie-Standort Deutschland und nicht das Gütesiegel „Made in Germany“.

Udo Lücken

Heckler & Koch im Internet: www.heckler-koch.com