Der ehemalige SEAL Brandon Webb (li.) hat als Leiter des NSW Scharfschützenlehrgangs den erfolgreichsten amerikanischen Scharfschützen, Chris Kyle (re.), ausgebildet. Auch bei uns läuft die Verfilmung von Kyles Lebensgeschichte unter dem Titel „American Sniper“ seit einiger Zeit in den Kinos. Wir wollten von Brandon Webb wissen, wie er den Film gesehen hat:

Ich bin Chris Kyle das erste Mal begegnet, als er ein „new guy“ bei SEAL Team 3 war, dann später wieder erst als ich am Naval Special Warfare (NSW) Sniper Program als Instruktor teilgenommen habe. Mein Freund Eric Davis war sein persönlicher Mentor (wir hatten ein Mentorenprogramm bei diesem Kurs), und Chris hat den Lehrgang in der Mittelklasse abgeschlossen, aber er hatte gute Instinkte – und wir Instruktoren wussten das alle.

Chris kam nach einer seiner Touren in mein Büro und ich erinnere mich, dass wir gemeinsam gut gelacht haben, weil einer der Jungs von den SWCC (Special Boat Team) anrief und mich am Telefon fragte: „Was sind die Voraussetzungen, die ich erfüllen muss, um an dem Kurs teilzunehmen?“ Und ich antwortete ganz einfach: „BUD/S.“ (Basic Underwater Demolition SEAL Training). Und legte auf.

Insgesamt war Kyle ein großartiger Mensch und ein solider SEAL. Ich kannte ihn als Teamkollegen und lernte ihn nach der Navy besser kennen. Ich stand seiner Familie und seiner Witwe Taya Kyle nicht nahe, aber ich habe wunderbare Geschichten über beide gehört. Chris und ich haben wieder und wieder darüber geredet, wie schwierig es ist die Teams zu verlassen, über unsere toten Freunde, die Kameraden und Familien, um die wir uns Sorgen machten, und haben täglich miteinander geratscht.

american sniper_2Meine Sicht von American Sniper

Bradley Cooper hat eine ganz erstaunliche Vorstellung geliefert als Chris Kyle, aber die Magie Clint Eastwoods hat sich jenseits der ersten und der letzten Minuten des Films versteckt. Kevin Lacz, der SEAL Schauspieler, war erstaunlich gut in diesem Film.

Der Handlungsstrang war extrem verwirrend, als es darum ging Chris Zeit im Irak darzustellen, wovon die Masse des Films handelt. Ich werde hier nicht ins Detail gehen, weil ich nicht langweilen will, aber es sei nur erwähnt, dass dabei Teilstreitkräfte, Einheiten und Kommandostrukturen durcheinander gebracht werden – und ich kenne die Geschichte, ich war im Irak!

Ich habe mir auch gedacht, dass das „home drama“ überbewertet wurde. Taya Kyle ist eine faszinierende Persönlichkeit und es ist ein wichtiges Thema, aber es sollte nicht den ganzen Film überschatten. Ein befreundeter Autor, der den Film auch gesehen hat, meinte zu mir: „Sie haben aus einem Kriegsfilm einen Heimkehrerfilm gemacht.” Dem muss ich zustimmen. Die meisten Leute, die sich den Film gönnen werden, erwarten weniger Drama und mehr Zeit mit Chris am Abzug.

Die größte Enttäuschung am Film war, dass nicht auf jene kleinen Details geachtet wurde, die falsch dargestellt Soldaten wahnsinnig ärgern, wenn sie Kriegsfilme anschauen. Patches werden nicht anständig getragen (Ranger Tabs auf der Kampfuniform?), Marines, die einander mit scharfen Waffen stoßen (das USMC hat die diszipliniertesten Schützen, die ich kenne), kein Reflexionsschutz auf den Optiken der Scharfschützengewehre und unrealistische Trainingsszenarien, wozu ich als nächstes komme.

american sniper_3Die Szenen zum SEAL sniper course Training waren besonders übel anzuschauen, weil sie nicht einmal annähernd dem Publikum einen Eindruck davon geben, um was es beim Scharfschützenkurs der SEALs geht (Bild oben: Instruktor überwacht Lehrgangsteilnehmer beim „Stalking“; Bild unten: Webb mit Sniper Schülern). Der Kurs dauert drei Monate, jeweils sechs intensive Tage die Woche, mit Ballistik im Lehrraum, Annäherung im Feld und Schießen auf der Range bis 1.000 Meter. Hier fühlte es sich an als ob ich Amateuren zuschauen, wie sie versuchen auf 100 Meter auf Budweiser Dosen zu ballern (erfolglos, möchte man hinzufügen), mit irgendeinem Arschloch, das im Hintergrund schreit. Es war sehr enttäuschend diesen Part im Kino auszusitzen, ich hab mich sprichwörtlich mit meinem GI Jane Unbehagen in den Stuhl gedrückt. Wenn ein Handy abging, war das eine willkommene Ablenkung. Mir war es, als ob ich Chris sehen würde, wie er seinen Kopf vor Enttäuschung schüttelt.

american sniper_4Bin ich gar zu kritisch? Vielleicht, aber ich versuche nur mit der Leserschaft hier ehrlich zu sein und mit allen anderen Fans von Militärfilmen. Ich hatte mir so viel mehr erwartet … Lone SurvivorSaving Private Ryan, Platoon und Band of Brothers, alle haben den authentischen militärischen Lackmustest aus meiner Sicht bestanden. Ich bin ein großer Eastwood Fan, der movie trailer hat wirklich gerockt. So habe ich mir gedacht, dass, wenn irgendein Produktionsteam auf die fachlichen militärischen Details acht geben würde, dann wäre es dieses. Ich bin mir nicht sicher, ob Autor Jason Hall im Post Production Room verarscht wurde, oder ob es anders herum war. Nur Eastwoods Team kann diese Frage schlüssig beantworten.

Trotz alledem, die letzten Minuten des Films liefern eine mächtige Botschaft und haben die kleine Gruppe, mit der ich unterwegs war, komplett erstaunt, so wie 300 Win Mag Kopfschmerz. Bradley Cooper hat wirklich Tiefe erreicht und gab Kyle zum Besten. Und jeder, der den Film anschaut, wird Chris durch Coopers Darstellung kennenlernen. Allein das macht den Film schon sehenswert.

SEAL-Snipers-with-Spotter-Afghan-SOFREPSEAL Sniper in Afghanistan im Einsatz

BRANDON WEBB ist ehemaliger U.S. Navy SEAL. Zuletzt hat er im Naval Special Warfare Center die Scharfschützenausbildung für die Westküsten-Teams geleitet. Er war mehrmals im Irak und in Afghanistan im Kampfeinsatz. Er ist Vorsitzender des FORCE 12 Media Network, Herausgeber von SpecialOperations.com und selbst Autor bei SOFREP.com sowie New York Times Bestseller Autor (The Red Circle & Benghazi: The Definitive Report). Brandon findet man auf Facebook, Twitter und seiner Website.