Moderne britische Ausrüstung, weltweit im Einsatz, und doch lebendige Geschichte: der Patch mit den zwei gekreuzten Kukris – traditionellen nepalesischen Dolchen – zeigt, dass sie von einem Gurkha getragen wird. Seit 1815 dienen Nepalesen in einer Einheit der britischen Armee. Im Dezember 2014 erscheint das Buch, das das ultimative Porträt der Gurkhas ist. Das Standardwerk zum 200-Jahr Jubiläum der Gurkhas kommt überraschenderweise aus der Kamera einer jungen österreichischen Fotografin – sie spiegel sich übrigens in der Einsatzbrille am Gear des Gurkhas. Wir haben Alex Schlacher zum Interview getroffen und wollten von ihr die Geschichte hinter ihrem großartigen Buch wissen. 

SPARTANAT: Du bist Fotografin, du bist eine Frau und kommst aus Österreich. Wie bist du auf das Thema britische Gurkhas gekommen?

Alex Schlacher: Ich habe 2009 ein Projekt über amerikanische Polizei begonnen und bin mit verschiedenen Departments (Mordkommission, CSI, SWAT, Streife, Highway Patrol, Sheriff’s Departments, Drogenfahndung, Hundestaffel, Gefängnisse etc) im Süden und Mittelwesten der USA herumgefahren. Mit einigen Polizisten bin ich in Kontakt geblieben. Einer davon, der jetzige Polizeichef eines Polizeidepartments in Georgia, war US Marine Colonel in Reserve und wurde nach Afghanistan abkommandiert, um die örtliche Polizei zu trainieren. Ich wurde neugierig und habe mich dann im Sommer 2011 seiner Einheit von US Marines in Helmand Province, Südafghanistan angeschlossen. Dort habe ich durch Zufall Soldaten und Offiziere der Royal Gurkha Rifles (eines der 2 Infantriebatallione der Gurkhas) kennengelernt, die mich spontan eingeladen haben, sie doch auch zu begleiten.
Und die Gurkhas haben mich wirklich aufgenommen wie ein Familienmitglied, haben mich sofort fasziniert mit ihrer Würde und Herzlichkeit und ihren Geschichten aus Kriegen und von daheim in Nepal, sodass ich sehr schnell beschlossen habe, ein Projekt über sie zu machen.

Alex_Gurkha_2SPARTANAT: Man merkt an Deinem Buch, dass das Thema für dich mehr ist als nur ein „Job“. Wie lange hast du die Gurkhas begleitet, wo bist du überall hingekommen?

Alex Schlacher: Nachdem ich mit den Gurkhas in Afghanistan unterwegs war, bin ich alle Regimente der Brigade of Gurkhas abgeklappert und habe mit den meisten sowohl Übungen als auch den Kasernenalltag bestritten. Ich war bei der Regionalselektion in Dharan/Ostnepal, der finalen Zentralselektion in Pokhara/Westnepal und bei pensionierten Gurkhas in Kathmandu und Kaski. Ich habe kriegsversehrte Veteranen portraitiert und interviewt, ich war beim Basistraining dabei, war zwei Mal in Brunei im Dschungel, ein Mal davon war das eine mehrwöchige taktische Übung, ich war zu Übungen in Australien und Kenia und zu vielen kleineren mit den anderen Regimenten in England, Schottland und Wales, zum Beispiel einer mehrtägigen Nachtübung mit den Queen’s Gurkha Engineers bei sintflugartigem Regen bis zu den Knien im Gatsch in Südengland. Insgesamt hat dieses Buch fast auf den Tag genau drei Jahre gedauert vom ersten Kennenlernen bis zur ersten Belegskopie, die jetzt bei mir am Schreibtisch liegt.

Alex_Gurkha_3SPARTANAT:  It’s a men’s world. Wie war es für dich als Frau mit den Gurkhas unterwegs zu sein?

Alex Schlacher: Das war überhaupt kein Problem. Zum einen bin ich durch den Beruf meines Vaters praktisch in Kasernen groß geworden, das Umfeld ist für mich also ganz normal, zum anderen haben die Nepalesen zwar eine recht konservative Kultur, in der Frauen zumeist auch noch eine sehr traditionelle Rolle spielen müssen, aber wenn jemand nicht ihrem Weltbild entspricht, reagieren die Gurkhas nicht mit Ablehnung, sondern mit Neugierde und vielen vielen Fragen. Sie akzeptieren dass es andere Kulturen gibt und verurteilen das nicht. Da rennt dann eher der Schmäh. Auf langen Übungen und im Einsatz wird man eine kurze Zeit lang skeptisch beäugt, aber sobald sie sehen, dass man auch anpackt, nicht jammert und seinen eigenen Krempel schleppen kann, wird man schnell als gleichwertig behandelt.

Ich wurde in die Gemeinschaft wunderbar integriert, da war für mein Projekt auch extrem viel Unterstützung da.

SPARTANAT: Was hat Dich am meisten fasziniert? Und gab es auch Erlebnisse, die dich abgestoßen haben?

Alex Schlacher: Am meisten fasziniert hat mich der totale Gegensatz zwischen dieser Härte, Ausdauer und dem spektakulären Kampfinstinkt der Gurkhas und ihrer gleichzeitigen Sanftmütigkeit, Großzügigkeit und Wärme. Abgestoßen hat mich bei den Gurkhas selber nichts, aber natürlich war Afghanistan eine sehr eigene Erfahrung. Da gabs dann schon einiges, das mir schlaflose Nächte bereitet hat.

SPARTANAT:  Am Ende dieser Geschichte: Wie bleibt dein Verhältnis zu den Gurkhas?

Alex Schlacher: Sehr gut. Ich bin mit vielen Gurkhas ein bisschen und mit einer Handvoll von ihnen eng befreundet. Ich war in Nepal bei Verwandten von Gurkha-Freunden einquartiert, habe einige der Familien kennengelernt. Man bleibt in Kontakt, hauptsächlich über Facebook. Mir liegen die Jungsoldaten von 2013 und 2014 auch sehr am Herzen, weil ich sie ja durch Rekrutierung in Nepal bis zum Ende des Basistrainings begleitet habe. Sie schicken mir oft Fotos von ihrem Fortschritt, ihrem Eintritt in verschiedene Regimente und bestandene Prüfungen. Ich fühle dann so ein bisschen Mama-Stolz.

Alex_Gurkha_4ALEX SCHLACHER (Bild Mitte) ist in Wien (Österreich) geboren, in der Steiermark aufgewachsen, hat mit vier Jahren zu fotografieren begonnen, hat aber erst 20 Jahre nach ihrem Schulabgang, in denen sie durch die Weltgeschichte getingelt ist und nach einem Sinn des Lebens gesucht hat, beschlossen die Fotografie hauptberuflich zu machen. Eher durch Zufall ist sie in die Militär- und Polizeifotografie hineingefallen und hat seither neben der amerikanischen Polizei, den Gurkhas und den US Marines die Afghanische Nationalpolizei, die Afghanische Armee und die österreichische Cobra fotografiert.

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Arc of the Gurkha“ von Alex Schlacher, 288 Seiten, Elliott und Tompson Verlag, kostet Euro 35,29. Das Buch erscheint am 4. Dezember. Das Buch ist größtenteils schwarz-weiß fotografiert. In der Galerie können wir euch ein paar der großartigen Bilder zeigen.

 

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