Der Kinofilm „Lone Survivor“, der gerade in den USA angelaufen ist, basiert auf einer wahren Geschichte, die sich am 28. Juni 2005 in der Kunar-Provinz nahe der pakistanisch-afghanischen Grenze ereignete. Ein Vier-Mann-Team der Navy SEALs wurde mit dem Auftrag einer Aufklärungsmission betraut. Zielperson der Mission war der durch 10 bis 30 Kämpfer geschützte Taliban- Führer Ahmad Shah. Ahmad Shah hatte zwischen 200 und 250 bewaffnete Taliban Kämpfer unter seinem Kommando, die unter dem Namen „Berglöwen“ gegen die internationalen Koalitionskräfte der „Operation Enduring Freedom“ Anschläge durchführten. Auftrag des Vier-Mann-Teams war die Lokalisation Shahs, die Vorbereitung und/oder die Umsetzung einer „Capture or Kill Mission“. „Capture or Kill Missionen“ sind gängige Aufträge gegen „Hight Value Targets“ (HVT). Sollten die Zielpersonen sich ergeben, werden diese festgesetzt und vor Gericht gestellt. Sollten diese sich zur Wehr setzten, wird ihr Tod in Kauf genommen.

Das Team (siehe Aufmacherbild oben) bestand aus dem Teamführer Lieutenant Michael P. Murphy, Sonar Technician 2nd Class (SEAL) Matthew G. Axelson, Gunner’s Mate 2nd Class (SEAL) Danny P. Dietz und Hospital Corpsman 2nd Class (SEAL) Marcue Luttrell, dem späteren Autor von „Lone Survivor“.

Nach Absetzung im Fast Roping Verfahren ereilte das Team mit dem Decknamen SPARTAN 01 das selbe Schicksal, wie das der SAS Paroullie B20 im zweiten Golfkrieg 1991. Die Männer liefen in eine „Soft Compromise“, eine Aufklärung durch Zivilisten. Das Team wurde durch einen Hirtenjungen, der seine Ziegen zum Grasen führte, entdeckt.

Nachdem der Junge festgesetzt wurde, musste das Team eine folgenschwere Entscheidung treffen: Den Jungen freilassen oder töten. Letzteres war keine Option, da es sich nicht um einen Kombattanten handelte. Der Junge wurde frei gelassen und das Team begab sich in die „Escape and Recovery“ (E&R)- Phase zur Aufnahme durch eigene Truppen, wie beispielsweise CSAR- Kräfte.

Folgenschwer war der gleichzeitige Verlust der Kommunikationsverbindung mit den eigenen Kräften. Aufgrund des hochalpinen Charakters des Hindukuschs, konnte keine „Line of Sight“- Verbindung hergestellt werden. „Line of Sight“ bedeutet der direkte Kontakt zum Satelliten. Die einzige verbleibende Verbindung war ein herkömmliches Satelittentelefon.

Lone Survivor_3Die durch den Hirtenjungen alarmierten Taliban-Kräfte setzten dem SPARTAN 01 nach. Den „Berglöwen“, die in der Region heimisch waren, gelang es die SEALs zu umlaufen. Sie waren in einem klassischen, dreiseitigen Hinterhalt gefangen und wurden bis auf M. Luttrell (im Bild links, mit Schauspielern beim Dreh zum Film „Lone Survivor“) aufgerieben.

Marcus Luttrell wurde durch Dorfbewohner aufgefunden und unter das „Pashto-Wali“, das paschtunische Stammesgesetz, gestellt. Diese besagt, dem „Gast“ Nahrung zu geben und zu schützen, sei es auch mit Waffengewalt der ganzen Dorfgemeinschaft. Das „Pashto-Wali“ wird durch die Taliban ständig missbraucht und generiert deren Erfolg in Afghanistan. Sie können so mit leichten Gepäck verlegen und erhalten in jedem Dorf Nahrung, Obdach und Schutz.

Der Spieß wurde umgedreht. Das Dorf richtete sich nun gegen die Taliban. Zu einem Feuergefecht führte dies nicht, aber zu robusten Verhandlungen, in denen Luttrell selbst im Dorf „besucht“ wurde.

Die Dorfbevölkerung war sich ihrer Lage bewusst und versuchte in der Nacht Luttrell aus dem Dorf zu schaffen. Eine RANGER-Einheit, die sich zu der Position der SEALs durchschlug, wurde informiert. Luttrell wurde in der Nacht durch eine PJ- Einheit der „Air Force National Guard“ mit „Night Hawk“-Hubschraubern evakuiert.

Die fehlgeschlagene Operation hatte große Auswirkungen. Parallel zu dem Feuergefecht geriet eine schnell zusammengestellte „Quick Reaction Force“ (QRF) aus Navy SEALs und 160 SOAR „Night Stalkern“ in ihrem „Chinook“-Hubschrauber unter Beschuss. Der Hubschrauber flog, ohne Geleitschutz, den verwundeten SEALs zu Hilfe. Der Hubschrauber stürzte ab und alle Insassen (16 Mann) wurden getötet. Der bis dato schwerste Verlust in Afghanistan. Folgenschwer war ebenfalls der Verlust der Ausrüstung der SEALs, die mit Laptops, Karten und Ausweisen, also sensiblen Daten, unterwegs waren.

Alle Missionsdurchführungen wurden in Folge, von Planung bis Durchführung, komplett umgestellt. Alle „Save Houses“, Lager, Zutrittsberechtigungen wurden ad hock neu generiert. Im Feld wurde alles geändert, vom taktischen Vorgehen im Trupp bis hin zum „Forward Air Controling“- ein notwendiger Eingriff in der gesamten Operationsführung.

Ebenfalls wurden feste QRF sowie neu gegründete „Immedeat Reaction Forces“ (IRF), die noch schneller in das Geschehen eingreifen können, gebildet und vorgehalten. Im Bereich der Aufklärung wurde die seit langem geforderte Drohnentechnik um- und eingesetzt. Die Generierung von Aufklärungsergebnissen wurde verstärkt und verbessert. Die KUNAR- Region ist eine der „heißesten“ Regionen Afghanistans. 2005 war diese Region noch nahezu unbekannt, gelangte danach aber besonders in den Focus.  „Anti Koalition Movement“ (ACM) wurde dort gesondert betrachtet. Am 06. August 2011 sollte sich jedoch in der selben Region der schwerste Verlust der „Special Warfare Comunity“ ereignen: Ein Hubschrauber, mit 22 Seals an Bord, wurde abgeschossen. Angehörige dieses SEAL- Teams – hierbei handelte es sich um Angehörige der Naval Special Warfare Development Group (DEVGRU) – haben Monate zuvor Osama Bin Laden in Abottabad in Pakistan (HIER der beste Artikel zum Thema) zur Strecke gebracht.

Alle Leichen der eingesetzten Soldaten beider Einsätze, konnten in den darauf folgenden Tagen geborgen und in die USA zurückgeführt werden.

Lieutenant Michael P. Murphy wurde posthum die „Congressional Medal of Honor“ verliehen. Er hatte sich im Gefecht in offenes Gelände begeben, um Hilfe und Unterstützung via Satelittentelefon zu rufen. Mehrfach durch Kugeln verwundet, setzte er dies fort, bis er schließlich tödlich getroffen wurde.

Letzten Endes bleibt festzuhalten, dass es die fehlende oder fehlerhafte Feindaufklärung war, die SPARTAN 01 in ein Wespennest stechen lies.

Lone Survivor_2Zum Hintergrund und Lesen empfohlen:

Bravo Two Zero

Lone Survivor (HIER unsere Buchvorstellung)

Not a good day to die

SEAL of Honor

http://youtu.be/qmBf6WvwQt0

Hier eine Kartenansicht des Operationsgebietes.